Es geschah am Wochenende des Saisonabschlusses auf der Motta Naluns. Ich hatte mit meinem Sohn Lou gerade vereinbart, dass wir die Gondel ins Tal nehmen, da passierte es: Aus irgend einem Grund hatte er sich vorgenommen mit dem Snowboard direkt in die Gondel zu fahren. Und „rums“ war er drin. Das Bahnpersonal krümmte sich vor Lachen. Ich war ziemlich verdattert und bemühte mich meine Telemarkski, so schnell wie möglich abzuschnallen, um es in dieselbe Gondel zu schaffen. Ich fragte ihn, warum er das getan hätte? Er antwortete lapidar: „Ich wollte ausprobieren, ob es geht!“ Ohne weitere Worte sind wir runtergefahren.
Etwas vom Schönsten ist für mich, meine Jungs in ihrer Entwicklung zu beobachten. Diese prägenden Momente, wo sie etwas Neues lernen voller Begeisterung und Leidenschaft. Wo sie die Welt entdecken und Erfahrungen machen mit einer Gondel, die sie ein Leben begleiten werden. Wo sie ihre Welt auf ihre ganz persönliche Art meistern. Als Vater sehe ich meine Aufgabe einzig darin, ihnen einen Raum zur Verfügung zu stellen, der sie in ihrer Entwicklung unterstützt. Es ist dieser Raum, der ein gewisses Verhalten möglich macht oder eben nicht. Lou und Dea sprechen romanisch, weil Romanisch ihre Vatersprache ist.
Am Sonntag das gleiche Spiel. Diesmal mit Ansage: „Bap possa darcheu ir direct aint illa gondla?“ Ich überlegte kurz, hatte erst ein wenig Hemmungen, da man so etwas nicht macht, fand aber es sei ok, weil ich nirgends ein Verbotsschild für solches Verhalten finden konnte. Ich sagte ihm noch, er solle warten bis ich meine Telemarkski ausgezogen hatte. Dann machte es wieder „rums“, diesmal einfach auf Ski. Und er krachte gegen die Scheibe. Das Bahnpersonal krümmte sich wieder vor Lachen, die zwei von gestern zumindest. Ein dritter eilte dazu und sprach ein „in die Gondel Fahrverbot“ für die Zukunft aus. Womit das Thema bei Lou gegessen war.
Verbote gibt es leider viel zu viele in unserem Leben. Sie schränken uns ein und behindern uns in unserer Entwicklung. Ebenso projizierte Gedanken. Und wenn es auch nur ein: „Das geht nicht!“ oder „Das kannst du nicht!“ ist. Ken Robinson führt in seinem Vortrag eindrücklich vor Augen, wie sich ein Umfeld auf Kreativität und letztlich auch Intelligenz auswirkt. Auf Englisch, möglich mit deutschen Untertiteln. Sehr unterhaltsam.
Ted Talk Ken Robinson.
PS: Für Nachahmer: Es ist immer noch erlaubt in die Gondel zu fahren!